Mit kleinen Aktionen zum grossen Erfolg: Das 1%-Prinzip
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Stell dir vor, Du könntest dein Leben durch minimale tägliche Verbesserungen grundlegend verändern. Das 1%-Prinzip zeigt, wie das mit – vielen – ganz kleinen Schritten klappt.
Tektonische Veränderungen beginnen mit dem Willen. Danach folgen aber keine Siebenmeilen-Schritte, sondern lauter minimale Bewegungen in die richtige Richtung.
Das 1%-Prinzip, bekannt geworden durch James Clears Buch "Die 1%-Methode", basiert auf der Idee, sich täglich um nur ein Prozent zu verbessern. Diese minimalen Fortschritte summieren sich über die Zeit zu bedeutenden Ergebnissen.
Ein Prozent mag komplett unbedeutend erscheinen, doch die Mathematik dahinter ist beeindruckend: Wenn wir uns jeden Tag um 1% steigern, führt das über ein Jahr hinweg zu einer fast 38-fachen Verbesserung. Dieser Effekt ähnelt dem Zinseszins in der Finanzwelt: Kleine Beträge, die regelmässig investiert werden, wachsen exponentiell. Dieses Prinzip ist universell anwendbar.
Praktische Anwendung des 1%-Prinzips
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Kleine Ziele setzen: Anstatt dir riesige, schwer erreichbare Ziele zu setzen, konzentriere dich auf kleine, machbare Schritte. Möchtest Du fitter werden? Beginne mit täglichen 5- bis 10-Minuten-Workouts – und steigere dich allmählich.
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Gewohnheiten etablieren: Identifiziere Verhaltensweisen, die Du ändern möchtest – und ersetze sie durch positive Alternativen. Willst Du weniger Zeit am Smartphone verbringen? Setze dir feste Zeiten für nur kleine digitale Pausen – und nutze die gewonnene Zeit für das, was Du umsetzen möchtest. Das können dann auch bloss 3 bis 5 Liegestützen sein. Am nächsten Tag machst Du aber eine mehr (usw.). Das ist erst noch VIEL mehr als eine 1%-Verbesserung. Gratuliere!
- Fortschritte messen: Halte deine täglichen Verbesserungen fest. Ein Tagebuch oder digitale Apps können dabei helfen, den Überblick zu behalten und motiviert zu bleiben. Loop Habit Tracker ist zum Bsp. so eine App. Du findest diese Smartphone-Anwendungen mit Suchbegriffen wie "habit" oder "routine".
Die vier Gesetze der Verhaltensänderung
James Clear beschreibt in seinem Buch vier Prinzipien, die beim Aufbau neuer Gewohnheiten helfen:
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Offensichtlich machen: Sorge dafür, dass die neue Gewohnheit sichtbar und präsent ist. Lege zum Beispiel deine Sportsachen abends bereit, um morgens direkt loszulegen. Sie sind das Erste, was Du anziehst.
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Attraktiv gestalten: Verbinde die Gewohnheit mit etwas Positivem. Höre beim Sport deine Lieblingsmusik, um die Aktivität angenehmer zu machen. Oder schaue eine Serie/einen Film auf dem Smartphone/Tablet (Crosstrainer etc.).
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Einfach halten: Mache es dir so leicht wie möglich, die Gewohnheit auszuführen. Beginne mit extra kleinen Schritten, die kaum Aufwand erfordern. «Nun gehe ich 10 min spazieren» wird viel eher funktionieren als «heute mache ich eine 2-Std-Wanderung.
- Zufriedenstellend abschliessen: Belohne dich für das Einhalten der Gewohnheit (aber natürlich nicht Schokoriegel für 10 min Sport). Positive Verstärkung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Du dranbleibst. So funktioniert das Gehirn – es möchte immer möglichst schnell Resultate sehen. Das ADHS-Gehirn ganz besonders.
Fakt bei ADHS: Kleine Schritte sind fast der einzig mögliche Weg
Für Erwachsene mit ADHS können positive Veränderungen oft besonders herausfordernd sein. Typische Symptome wie Impulsivität, Schwierigkeiten mit der Selbstorganisation und eine geringe Frustrationstoleranz stehen der Umsetzung langfristiger Vorsätze häufig im Weg. Zusätzlich führt die sogenannte „Alles-oder-nichts“-Mentalität dazu, dass Betroffene oft entweder grosse, unrealistische Ziele verfolgen – oder gar nicht erst anfangen.
Das 1%-Prinzip bietet hier einen sehr guten Ansatz. Es ermutigt, den Fokus auf kleine, sofort umsetzbare Schritte zu legen, anstatt sich von grossen Zielen überwältigen und blockieren zu lassen.
Und wie genau soll das grad ADHSlern helfen können?
Ein ADHS-spezifisches Beispiel: Statt zu versuchen, die gesamte Wohnung an einem Tag zu entrümpeln, könnte man sich vornehmen, täglich nur eine Schublade oder einen kleinen Bereich zu ordnen. So wird der Prozess handhabbar und bleibt motivierend. Die Steuererklärung erledigen wird dann zu "heute alle nötigen Dokumente zusammentragen" oder "heute mal die Personalien ausfüllen" usw. "Besser planen" wird zu "heute einen Dauertermin in die Agenda setzen, wo ich jeweils 10 min mit Planung zubringen will".
Grad Menschen mit ADHS profitieren enorm, wenn sie Gewohnheiten mit Belohnungen verknüpfen. Da unser Gehirn bei alltäglichen Routinen und «Fleiss-Aufgaben» zu wenig Dopamin ausschüttet, müssen diese Unterbrüche und Selbstbelohnungs-Pausen sein – sonst schaltet das Stirnhirn in den Standby-Modus.
Langfrist-Perspektive: Mühelos, aber etwas Geduld ist angesagt
Das 1%-Prinzip erfordert Geduld – aber es überfordert nicht, weil die «nötigen Fortschritte» fast lächerlich anmuten. Heute 3 min Sport, morgen 3 min 20 (was im Übrigen schon plus 10%), ist komplett machbar. Dass das Prinzip nicht nur eine teuer verkaufte Kopfgeburt eines Lebenshilfe-Gurus ist, zeigt Mutter Natur.
Die Evolution von schwimmenden Zellkugeln zu Fischen, höheren Säugetieren – und Menschen – schreitet exakt so voran, über abertausende Generationen hinweg. Und sie hat bis heute nicht aufgehört, was man an den immer grösseren Köpfen bei Homo Sapiens Babies sieht. Diese sollten wir aber eben auch so nutzen, dass es uns für unser Leben und unsere Zufriedenheit hilft…