Die Voraussetzung für eine ADHS-Behandlung mit Medikamenten wie Ritalin ist in jedem Fall eine sichere ADHS-Diagnose. Es ist wichtig, dass die Diagnose nach den festgelegten Kriterien für ADHS von einer psychologischen Fachperson gestellt wird.
ADHS-Therapie mit rezeptpflichtigen Medikamenten
Wenn die Diagnose steht, wird zuerst ein Beratungsgespräch mit einem Facharzt oder einer Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin oder -psychiatrie oder einem Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche geführt. Die Eltern und Kinder berichten über ihre Erfahrungen mit ADHS. Sie sprechen über Probleme in der Familie und Schule sowie im Alltag. Es kann auch hilfreich sein, eine Erziehungs- oder Lehrkraft in das Gespräch mit einzubeziehen.
Wenn ein Kind oder Jugendlicher, stark hyperaktiv oder impulsiv ist, sich nicht gut konzentrieren kann, ein gestörtes Sozialverhalten zeigt oder andere psychische Probleme wie eine Depression oder Angst-Erkrankung hat, dann können Medikamente sinnvoll sein.
ADHS-Medikamente sollten jedoch immer Teil einer umfassenden Behandlung sein. Diese Behandlung kann auch pädagogische, soziale und psychotherapeutische Massnahmen beinhalten. Denn Medikamente können die Symptome von ADHS lindern, aber sie können nicht unbedingt andere Probleme lösen, die mit ADHS verbunden sind. Die Medikamente wirken zudem nur so lange, wie sie eingenommen werden – und sie helfen nicht ausnahmslos allen Kindern.
Die Wahl des Medikaments und die Menge, die man einnimmt, hängen von der Ausprägung des ADHS ab (leicht, mittelgradig, schwer). Methylphenidat (als Ritalin bekannt) ist das am längsten erprobte ADHS-Medikament und wird fast immer zuerst eingesetzt. Es gibt Varianten, die schnell wirken und solche, die den Wirkstoff verzögert freisetzen.
Andere Medikamente wie Elvanse (Lisdexamphetamin) werden oft erst eingesetzt, wenn Methylphenidat keine Verbesserung bringt oder nicht eingesetzt werden kann.
Mögliche Nebenwirkungen von ADHS-Medikamenten
ADHS-Medikamente können Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust nach sich ziehen. In Studien hatte ungefähr jedes zwölfte Kind, welches Methylphenidat eingenommen hat, solche Nebenwirkungen. Es ist aber oft sinnvoll, erst abzuwarten und nicht voreilig zu entscheiden, dass das Medikament nicht vertragen wird.
Es gibt Meinungsverschiedenheiten darüber, ob Methylphenidat manchmal Tic-Störungen auslöst, da diese bei ADHS so oder so öfter vorkommen.
Gelegentlich treten die ADHS-Symptome verstärkt auf, wenn man ADHS-Medikamente wieder absetzt oder wenn ihre Wirkung nachlässt. Die Medikamente machen aber grundsätzlich nicht abhängig. Gerade bei Erwachsenen helfen sie oft sogar, dass es nicht zur «Selbstmedikation» kommt. Davon spricht man, wenn sich Menschen mit unerkanntem ADHS mit Drogen wie Alkohol, Nikotin oder auch illegalen Stimulanzien (Speed, Kokain) selber zu therapieren versuchen, weil diese Substanzen sie deutlich beruhigen und ihnen zu mehr «Klarheit im Kopf» verhelfen.
Was sollte man machen, wenn Nebenwirkungen auftreten?
Falls Nebenwirkungen auftreten, muss das Medikament nicht sofort abgesetzt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen:
Appetitlosigkeit: Die Medikamente können mit oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden. Gewichtsverslust sollte kein Thema mehr sein, wenn der Appetit nicht mehr durch die Stimulanzien gehemmt wird.
Schlafstörungen: Wenn Schlafstörungen auftreten, können Sie die Dosis am Abend verringern oder ganz weglassen. Lange wirkende Medikamente können früh genug eingenommen werden, damit ihre Wirkung vor dem Schlafengehen nachlässt.
Tic-Störung: Eine Anpassung der Dosis oder eine Medikamenten-Pause können zeigen, ob die Medikamente die Ursache für die Tic-Störung sind. Regelmässige Kontrolluntersuchungen helfen, ernsthafte Nebenwirkungen zu vermeiden.
Eltern sollten jedoch immer mit der verschreibenden Ärztin oder dem Arzt sprechen, wenn Nebenwirkungen auftreten.
Wichtig für das Verständnis von ADHS: Elternschulung
Im Elterntraining lernen Mütter und Väter oft zum ersten Mal etwas über ADHS – auch über die Art und Weise, wie ADHS-Medikamente in den Hirnstoffwechsel eingreifen. Bei diesen Trainings geht es auch darum zu lernen, welche Verhaltensweisen bei ADHS beeinflusst werden können, welche das Kind selbständig ändern kann und welche nicht. Dieses Wissen hilft Ihnen als Eltern bei der Erziehung und beim Umgang mit den täglichen Herausforderungen.
Sie lernen zudem die Auswirkungen von ADHS auf den Körper kennen – etwa, dass manche Kinder mit ADHS viel empfindlicher auf Schlafmangel reagieren als andere. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, wie man den Alltag so gestalten kann, dass es für Kinder einfacher ist, sich an feste Routinen zu halten. Es werden Ratschläge gegeben, wie man mit Grenzverletzungen umgeht - und wie man Kinder durch Lob und andere Belohnungen zu altersgerechtem Verhalten motivieren kann.
Ein Beispiel ist ein Punktesystem, bei dem das Kind bestimmte Rechte erlangen kann, indem es Regeln respektiert, etwa die Zeit, die es mit Computerspielen verbringt. Die Elterntrainings finden in unterschiedlicher Häufigkeit und Dauer statt. Sie bestehen in der Regel aus mehreren Terminen mit einer Dauer von 1 bis 2 Stunden, in einer kleinen Gruppe.
Elterntrainings ermöglichen es den Eltern auch, sich untereinander auszutauschen. Elternschulungen werden beispielsweise von Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ), Kliniken mit Schwerpunkt Psychologie und Psychotherapie sowie Heilpädagogik oder von psychotherapeutischen Praxen angeboten. Auch die ADHS-Organisation elpos Schweiz bietet solche Trainings an.