Lärm kann uns belasten und stören – bei Menschen mit ADHS nützt er bisweilen aber auch. Eine tolle technische Lösung, die Lärm mit Gegenfrequenzen bekämpft, bieten geräuschunterdrückende Kopfhörer – für Personen mit spezieller Geräuschempfindlichkeit.
In unserer hektischen, modernen Welt hat Lärm einen Dauergast-Status erlangt. Seine Definition ist "unerwünschter Schall", der unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit beeinträchtigt – und bei chronischer Exposition gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann. Weil er anhaltenden Stress verursacht, ebenso wie Ohrenschäden – schon bei einer Dauerbelastung um 60 bis 65 Dezibel. Ab 65 Dezibel Nonstop-Lärm steigt zudem das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Verkehr verursacht etwa 70 Dezibel).
Unsere individuelle Lärmempfindlichkeit variiert jedoch stark und ist von einer Reihe von Faktoren abhängig, wie z.B. vom Schallpegel, dem momentanem Stresslevel und von unserer Beziehung zur Geräuschquelle.
Bestimmte Geräuschcharakteristika, wie Schärfe und Rauheit, werden von Menschen als besonders unangenehm empfunden – und haben die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit zu bannen. Hierbei handelt es sich um evolutionär verankerte Reaktionen. Ein Lärm in unseren privaten Räumen wird nämlich vom Gehirn als Eindringling wahrgenommen, der unseren Wunsch nach Ruhe und Kontrolle über unser Territorium stört.
Es ist eine Ironie der heutigen Zeit, dass wir (in Industrieländern) in einer Welt leben, die durch Technologie, Sicherheit und Wohlfahrt gekennzeichnet ist – uns aber auch allzu oft mit banalstem Lärm belästigt, der unsere Stresshormone so triggert, als wäre "unsere traute Steinhöhle bedroht".
ADHS und Lärm: Eine spezielle Kombination
Wenn Sie zu den Millionen von Menschen gehören, die mit ADHS (alt: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, neu: Neurodiversität) leben, kann Lärm eine besondere Herausforderung darstellen. ADHS-Erwachsene neigen bekanntlich dazu, durch externe Reize leichter abgelenkt zu werden. Zudem ist das Verhältnis von ADHS zu Lärm recht komplex.
Menschen mit ADHS sind im Allgemeinen empfindlicher auf plötzliche unverhoffte Geräusche als neurotypische Menschen. Das äussert sich durch Zusammenzucken und eine akute Stressreaktion (Adrenalin-Einschuss). Auch hohe Lautstärken machen ihnen meistens viel mehr aus (Stichworte: Clubatmosphäre, Volksfeste).
ADHS-Betroffene haben zudem meist eine höhere Empfindlichkeit gegenüber spezifischen Geräuschen, wie etwa ein tropfender Wasserhahn, das Ticken einer Uhr oder das Summen einer Stubenfliege. Diese Geräusche können zur veritablen Tortur werden, die ein Lernen oder Weiterarbeiten verunmöglicht.
Handkehrum haben Studien gezeigt, dass sogenannter "White Noise" (Weisses Rauschen) sogar hilfreich sein kann. Diesen Umstand kennen ADHSler, die sich in gut besuchten aber nicht zu lauten Cafés oder anderen Umgebungen mit eintönigen, "plätschernden" Geräuschen - oder mit Meeresrauschen etc. - prima zu konzentrieren vermögen.
Der Dopamin-Theorie zufolge mangelt es dem ADHS-Gehirn an "Grundaktivierung" (weshalb ja auch Stimulanzen wie Ritalin verabreicht werden) – und White Noise kann genau diesen Stimulus liefern. Selbst gewählter "Lärm" (Meeresrauschen, Wind, andere Naturgeräusche) kann also sogar eine verlässliche Konzentrationshilfe sein.
Wunschkonzert und "Stillezone": ANC-Kopfhörer bei ADHS
ADHS-freundliche Kopfhörer, insbesondere Modelle mit aktiver Geräuschunterdrückung (ANC, Active Noise Cancelling), können die Rolle dieser "Wunschlärm-Quelle" einnehmen. Denn sie verwenden fortschrittliche Audio-Technologie, um störende Aussengeräusche zu reduzieren. Dies wird durch Interferenz erreicht: Das von den Kopfhörern erzeugte Geräusch hat die gleiche Amplitude (Ausschlag), aber die entgegengesetzte (Schwingungs-)Phase zum störenden Geräusch, wie zum Beispiel Strassenverkehr oder Zugslärm. Das führt dazu, dass sich die beiden Geräusche gegenseitig auslöschen, so wie das auch Wellen auf dem Meer bisweilen tun.
Damit schaffen ANC-Kopfhörer eine "Stillezone", die es dem Träger ermöglicht, ausschliesslich gewünschte Geräusche und Klänge zu konsumieren – wie einen Wasserfall bzw. "Fokus-Musik" – oder auch einfach nur seine Ruhe zu geniessen (dann funktionieren ANC wie ein elektronisch unterstützter Gehörschutz/PAMIR).
Viele autistische Menschen leiden übrigens an einer stark ausgeprägten Empfindlichkeit gegenüber Lärm. Denn sie nehmen Sinneseindrücke häufig viel intensiver wahr, ohne sie filtern und mental ausblenden zu können. Normale Kommunikation wird dann ganz verunmöglicht, weil Betroffene in einen Dauerstress-Zustand geraten (Fight-or-Flight-Reaktion). Gerade dort können ANC-Kopfhörer mit guter Abschirmung wahre Wunder wirken.
"Feuer mit Feuer bekämpfen", heisst es im Volksmund. Für ANC-Kopfhörer und ihr Wirkungsprinzip stimmt das voll und ganz. Sie analysieren den Umgebungslärm mit Hilfe modernster Chiptechnologie – und löschen ihn mit gezielten Wellen von nonstop neu berechnetem "Gegenlärm" aus.