ADHS-Kind sitzt lustlos an Hausaufgabentisch

ADHS in der Schule: Verhalten erkennen, Lernen unterstützen

Im Umgang mit Schulkindern ist es wichtig, die Anzeichen für ADHS frühzeitig zu erkennen. Nach dem DSM-5 sind hier einige Verhaltensweisen, die im Klassenzimmer auf ADHS hindeuten können, vorausgesetzt, sie treten beständig über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten auf:

Unaufmerksamkeit:

• Oft fehlt die Liebe zum Detail, wodurch bei Schularbeiten und anderen Aktivitäten leicht Fehler gemacht werden.

• Das Kind hat grosse Mühe, bei Aufgaben oder Spielen über einen längeren Zeitraum konzentriert zu bleiben.

• Scheint oft nicht zuzuhören, wenn angesprochen.

• Anweisungen werden meist nur halbherzig befolgt, Hausaufgaben oder andere Aufgaben bleiben unvollständig.

Organisatorische Fähigkeiten sind oft unterentwickelt.

• Vermeidung von Aufgaben, die eine längere geistige Anstrengung erfordern.

• Verliert oder vergisst oft Gegenstände, die für den Unterricht benötigt werden.

• Lässt sich leicht von äusseren Reizen ablenken.

Allgemeine Vergesslichkeit (Namen, Regeln, Rollen etc.)

Hyperaktivität:

• Zappelt häufig mit Händen oder Füssen oder rutscht auf dem Stuhl herum.

• Steht in unpassenden Situationen auf und bewegt sich ziellos umher.

Exzessives Laufen oder Klettern.

• Scheint nicht in der Lage zu sein, ruhig zu spielen.

• Redet übermässig viel und schnell.

Impulsivität:

• Antworten werden häufig unüberlegt und ungefragt gegeben.

• Schwierigkeiten beim Warten, bis es drankommt.

• Unterbricht und stört andere oft.

Zusätzliche Merkmale:

• Allgemeine Unkonzentriertheit.

Probleme mit der Feinmotorik.

• Ablenkbar und verträumt.

• Hört gemäss Hörtest gut, reagiert trotzdem oft langsam.

• Schwierigkeiten bei der Informationsfilterung.

• Emotional labil und neigt zu häufigem oder schnellem Weinen.

• Reagiert schnell und ist leicht gekränkt.

• Fühlt sich oft ungeliebt und missverstanden.

• Arbeitet sehr langsam, verbringt ggf. Stunden mit Aufgaben.

Ängste und Schuldgefühle sind präsent.

Diese Punkte können als Indizien für ADHS dienen, wenn mindestens sechs oder mehr über den angegebenen Zeitraum beobachtet wurden. Bei einem begründeten Verdacht sollte der Fall mit der spezialisierten pädagogischen Fachkraft der Klasse besprochen werden. Nach einer gründlichen Analyse wird ein Elterngespräch organisiert, um zu diskutieren, ob eine ärztliche Untersuchung sinnvoll wäre. Dabei sollte der Fokus stets auf dem Kind, seinem Lernerfolg und einem reibungslosen Unterricht liegen.

Schulmaterial auf Tisch

So können ADHS-Kinder ihre Hausaufgaben meistern

Diverse Strategien führen bei ADHS-Kindern zu mehr Disziplin und schulischem Erfolg. Drohungen und zunehmend drakonischere Strafen gehören nicht dazu. Im Folgenden 20 Tipps, die Wirkung zeigen:

1. Unterstützung bereitstellen

Kinder, die an ADHS leiden, benötigen beim Lernen meist Unterstützung. Viele sind nicht in der Lage, ihre Hausaufgaben über einen längeren Zeitraum hinweg selbstständig zu bewältigen. Auch die Vorbereitung auf Tests und Prüfungen stellt für Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen und Hyperaktivität oft eine Hürde dar. Bieten Sie Ihrem Kind Unterstützung an, oder überlegen Sie, wer diese Verantwortung übernehmen könnte.

2. Aufsicht führen, ohne zu bevormunden

Da Kinder mit ADHS zu Vergesslichkeit neigen, erinnern sie sich oft nicht an ihre Hausaufgaben. Ermutigen Sie Ihr Kind daher, täglich in sein Hausaufgabenheft zu schauen. Sollte keines vorhanden sein und Sie den Verdacht haben, dass trotzdem Hausaufgaben anstehen, sollte Ihr Kind Mitschüler kontaktieren und nachfragen. Fördern Sie dabei die Eigenständigkeit Ihres Kindes. Es sollte selbst Lösungsansätze entwickeln. Andernfalls bleibt Ihr Kind auch in der Zukunft auf Ihre Hilfe angewiesen.

3. Ablenkungen auf ein Minimum reduzieren

Vor Beginn der Hausaufgabenzeit könnten Sie ein "Bitte nicht klingeln!"-Schild an der Haustür anbringen und das Telefon ausschalten. Spielzeug und andere Dinge, die Ihr Kind ablenken könnten, sollten Sie entfernen. Ein Platz direkt am Fenster ist eher ungeeignet, wenn der Ausblick auf eine belebte Strasse oder einen Spielplatz fällt. Jüngere Geschwister sollten möglichst nicht in der Nähe sein. Einige Kinder mit ADHS werden sogar durch einen lärmenden Wellensittich oder eine auffällige Schreibunterlage gestört. Schalten Sie Störquellen konsequent ab.

4. Die "Hausaufgaben-Kurve"

Lassen Sie Ihr Kind mit einer leichten Aufgabe starten, folgen Sie gegebenenfalls mit einer schwierigeren Aufgabe und setzen Sie eine weitere leichte Aufgabe zum Schluss. So geht das Kind mit einem positiven Gefühl aus der Hausaufgabensituation heraus.

5. Anschub geben

Ihr Kind sollte genau verstehen, was von ihm verlangt wird. Lassen Sie es die Aufgabenstellung laut vorlesen und in eigenen Worten zusammenfassen. Oftmals können Kinder mit ADHS Aufgaben nicht lösen, weil sie bereits zur Antwort übergehen, bevor sie die Frage wirklich verstanden haben. Die meisten Kinder mit ADHS sind zudem visuelle Lerner. Visualisieren Sie Probleme, damit sich Ihr Kind die Aufgabe besser vorstellen kann, den Sinn begreift und zu einer Lösung kommt.

Bleistift auf Tisch

6. Sanfter Druck

Viele Kinder mit ADHS benötigen eine gewisse Anlaufzeit für Hausaufgaben. Liebevoller Druck kann hier der beste Katalysator sein. Vermeiden Sie Bitten, Drohungen oder Schimpftiraden, denn das führt bei den meisten Kindern nur zu kompletter Verweigerung. Behandeln Sie das Erledigen der Hausaufgaben als selbstverständliche Tätigkeit. Vermeiden Sie unnötige Diskussionen.

7. Belohnungen

Kinder mit ADHS leben oft im Hier und Jetzt. Das Androhen von Strafen oder das Anlocken mit langfristigen Belohnungen ist daher meist nicht effektiv. Beides wird schnell vergessen. Es ist besser, Ihr Kind zu Beginn der Hausaufgaben und gelegentlich auch zwischendurch mit etwas zu überraschen. Anziehende Reize stimulieren das Frontalhirn und machen Ihr Kind aufnahmefähiger.

8. Grosse Aufgaben in kleinere Teile gliedern

Teilen Sie umfangreiche Aufgaben in kleinere Einheiten auf. Zwei Gleichungen sind motivierender als zehn. Zwischen den Einheiten sollte Zeit für Bewegung oder eine kleine Belohnung eingeplant werden. Wichtig: Pausen dürfen nicht ausarten! Legen Sie vor der Pause fest, wann die Arbeit fortgesetzt wird. Ein akustisches Signal (z.B. ein Visueller Timer) kann hilfreich sein. Lassen Sie die Aufgabenpakete allmählich grösser werden.

9. Stetigkeit beibehalten

Hausaufgaben sollten grundsätzlich am Tag ihrer Vergabe durchgeführt werden. Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind einen festen Zeitrahmen für diese Arbeiten. Erstellen Sie bei Bedarf einen Wochenplan und halten Sie sich daran.

10. Passende Umgebung für die Hausaufgaben

Manche Kinder ziehen es vor, ihre Hausaufgaben nicht alleine in ihrem Zimmer zu erledigen. Respektieren Sie diese Entscheidung. Wenn Ihr Kind in Ihrer Nähe lernt, können Sie es auch schneller zurück in die Realität holen, wenn es abgelenkt wird.

Bleistift close-up

11. Bewegung zulassen

Insbesondere stark hyperaktive Kinder haben Probleme mit langen Sitzphasen. Lassen Sie Ihr Kind jeweils nur 20 Minuten am Stück lernen. Danach sollte es sich bewegen dürfen. Einige Kinder profitieren sogar davon, wenn sie während des Lernens im Raum herumlaufen oder Kaugummi kauen dürfen.

12. Musik als Lernbegleiter

Viele Kinder mit ADHS berichten, dass sie besser und konzentrierter lernen können, wenn Musik im Hintergrund spielt. Einige bevorzugen leise Melodien; andere dagegen kräftigere Klänge. Beides ist akzeptabel, solange die Lernerfolge sich nicht verringern.

13. Stetige Ermutigung

Schauen Sie regelmässig vorbei und loben Sie Ihr Kind, um es zur Fortsetzung der Hausaufgaben zu ermutigen. Würdigen Sie nicht nur die Leistungen, sondern auch den Arbeitsaufwand Ihres Kindes. Vermeiden Sie Kritik bei Fehlern oder Langsamkeit. Zeigen Sie echte Freude, wenn eine Aufgabe abgeschlossen ist, statt nur Erleichterung auszudrücken.

14. Proteste nach Möglichkeit ignorieren

Quengeln und Ablenkungsmanöver werden sicherlich vorkommen. Ihr Kind könnte versuchen, Sie durch bestimmte Fragen, eine betonte schlechte Haltung oder lustloses Kritzeln zu provozieren. Durch konsequente Nichtbeachtung dieser Verhaltensweisen werden sie zwar zunächst intensiviert, dann jedoch seltener. Durch das Nicht-Reagieren auf provokatives Verhalten kann eine Eliminierung des Problemverhaltens erfolgen: Ihr Kind merkt, dass es nichts erreicht und lässt es darum sein.

15. Rituale etablieren

Kinder lieben Rituale – Kinder mit ADHS hingegen brauchen sie. Geben Sie dem Lernen zu Hause einen festen Rahmen: gleiche Zeit, gleicher Ort. Manche Eltern lassen ihre Kinder zu Beginn der Hausaufgaben eine Kerze anzünden; andere haben einen Talisman in der Tasche. ADHS-Kinder schätzen vorhersehbare Abläufe.

Füllfederhalter

16. Lernpartner suchen

Gibt es ein Kind in der Klasse, das zusammen mit Ihrem Kind Hausaufgaben machen könnte? Laden Sie es ein und beobachten Sie, was passiert. Das Lernen mit einem Freund oder einer Freundin kann die Motivation erheblich steigern.

17. Ordnung schaffen

Der Schreibtisch des Kindes sollte aufgeräumt und strukturiert sein. Jedes Schulfach, die dazugehörigen Hefte und Bucheinschläge, bekommt eine eigene Farbe. Richten Sie für jedes Schulfach eine Ablage in der entsprechenden Farbe ein, damit Ihr Kind weniger Zeit mit Suchen verbringt. Der Schulranzen sollte direkt nach den Hausaufgaben für den nächsten Schultag vorbereitet werden.

18. Interesse zeigen und ermutigen

Kinder brauchen Lob, Anerkennung und ermutigende Worte. Helfen Sie Ihrem Kind, Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Sorgen Sie für regelmässige Erfolgserlebnisse. Legen Sie den Fokus auf das, was Ihr Kind gut macht und nennen Sie es beim Namen. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Kind erfolgreich sein wird, solange es am Ball bleibt.

19. Verständnis für Unstetigkeit

Bei Kindern mit  ADHS kann es an manchen Tagen besser mit der Konzentration und Selbststeuerung laufen als an anderen. Was das Kind heute zu können scheint, hat es morgen vielleicht schon wieder vergessen. Akzeptieren Sie die Leistungsschwankungen Ihres Kindes. Machen Sie ihm keine Vorwürfe und unterstellen Sie keinen mangelnden Willen („Du könntest, wenn du nur wolltest!“).

20. Kommunikation mit der Lehrkraft

Sollten Sie der Meinung sein, dass das Hausaufgabenvolumen für Ihr Kind überwältigend ist, suchen Sie das Gespräch mit der Lehrkraft. Vielleicht können Sie sich darauf einigen, dass Ihr Kind maximal eine Stunde am Tag Hausaufgaben macht. Viele Lehrkräfte sind zu individuellen Lösungen bereit, wenn man sie freundlich darauf anspricht.

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