Spielend wachsen: Förderung bei ADHS und Hochbegabung
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Kinder mit ADHS und Hochbegabung brauchen oft besondere Unterstützung. Spiele bieten eine tolle Möglichkeit, ihre Konzentration zu schulen und ihre Kreativität zu fördern.
Kinder mit ADHS und Hochbegabung sowie kombinierter Hochbegabung stehen oft vor besonderen Herausforderungen. Ihre intellektuellen Fähigkeiten und ihre Aufmerksamkeitsdefizite geraten in einen Konflikt, der den Alltag erschwert. Doch genau diese Kombination birgt enormes Potenzial, wenn man weiss, wie man sie fördern kann. Ein überraschend effektiver Weg führt über Spiele, die sowohl die Aufmerksamkeit als auch das kreative Denken anregen. Spiele bieten einen geradezu idealen Zugang, um Kinder und Jugendliche mit diesen besonderen Eigenschaften - wie Intelligenz und Hochbegabung -zu unterstützen.
Was ist ADHS und was Hochbegabung?
ADHS, die sogenannte Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung - oder Neurodivergenz - betrifft viele Kinder. Typische Symptome sind Konzentrationsprobleme, Impulsivität und Hyperaktivität.
Hochbegabung dagegen zeichnet sich durch aussergewöhnliche kognitive Fähigkeiten aus, wie schnelles Denken, eine hohe Lernfähigkeit und Kreativität. Wenn beides zusammenkommt, entsteht eine besondere Herausforderung: Kinder mit ADHS und Hochbegabung haben oft Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, obwohl sie gleichzeitig intellektuell (weit) über dem Durchschnitt liegen. Diese Kinder können innerhalb von Minuten zwischen intensiver Beschäftigung mit einem Thema und völliger Ablenkung wechseln. Es entsteht ein ständiger Kampf zwischen ihrer Hochbegabung und Intelligenz - und der Unfähigkeit, diese konstant abzurufen.
Herausforderungen in der Entwicklung
ADHS und Hochbegabung in Kombination beeinflussen die kognitive und emotionale Entwicklung stark. Ein häufiges Problem ist die mangelnde Aufmerksamkeit, die verhindert, dass die intellektuellen Fähigkeiten voll genutzt werden. Hohe Impulsivität und geringe Frustrationstoleranz sind weitere Themen, mit denen diese Kinder oft kämpfen. Ihre schnelle Auffassungsgabe und ihr vernetztes Denken führen oft zu Langeweile in herkömmlichen Lernumgebungen, während gleichzeitig emotionale Ausbrüche oder Unkonzentriertheit aufgrund von ADHS-HI oder ADHS-I ("ADS") den Lernerfolg behindern können. Hier setzen Spiele als wertvolle Methode zur Förderung an.
Wie Spiele helfen können
Spiele bieten eine einzigartige Möglichkeit, die speziellen Herausforderungen von ADHS und Hochbegabung zu adressieren. Sie trainieren sowohl die Aufmerksamkeit als auch die kognitiven Fähigkeiten, ohne dabei zu überfordern. Das spielerische Element schafft Motivation und bietet Raum, um Fähigkeiten in einem sicheren Umfeld zu testen und zu verbessern.
Aufmerksamkeit und Impulskontrolle steigern:
Spiele, die die Konzentration fördern, wie Gedächtnisspiele oder Puzzles, stärken die Fähigkeit, längere Zeit auf eine Aufgabe zu fokussieren. Gleichzeitig lernen Kinder, ihre Impulsivität zu kontrollieren, da viele Spiele Geduld und strategisches Denken erfordern.
Kreatives und strategisches Denken fördern:
Hochbegabte Kinder brauchen Herausforderungen. Spiele wie Schach oder komplexe Strategiespiele regen das kreative und analytische Denken an. Sie bieten Raum, in dem die Kinder ihre intellektuellen Fähigkeiten ausschöpfen und ihre Problemlösungsstrategien verfeinern können.
Kooperative Spiele stärken die sozialen Fähigkeiten:
ADHS geht oft mit sozialen Schwierigkeiten einher, da Kinder impulsiv handeln und Schwierigkeiten haben, sich in Gruppen zu integrieren. Kooperative Spiele wie „Die verbotene Insel“ oder „Pandemic“ fördern die Teamarbeit und helfen, Impulse zu kontrollieren, während sie gleichzeitig soziale Interaktionen stärken. Für Kinder mit ADHS besonders wichtig, da sie allzu oft am Rande von Gruppen stehen - und sich nicht willkommen/verstanden fühlen.
Individuelle Förderung durch Spiele
Jedes Kind ist einzigartig, vor allem wenn ADHS und Hochbegabung zusammen auftreten. Daher ist es wichtig, Spiele individuell anzupassen, um sowohl die kognitiven Fähigkeiten als auch die Schwierigkeiten der Kinder zu berücksichtigen. Einige Spiele lassen sich leicht anpassen, indem sie unterschiedliche Schwierigkeitsstufen bieten oder verschiedene Lernstile ansprechen.
Differenzierte Schwierigkeitsgrade:
Spiele, die in ihrem Schwierigkeitsgrad variabel sind, wie zum Beispiel „Cortex“ oder „Ubongo“, ermöglichen es den Kindern, sich selbst herauszufordern, ohne überfordert zu werden. Solche Spiele passen sich dem Lerntempo der Kinder an und fördern gleichzeitig die Fähigkeit, Aufgaben strukturiert zu lösen.
Motivation durch Belohnungssysteme:
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die anhaltende Motivation. Kinder mit ADHS verlieren schnell das Interesse, wenn eine Aufgabe zu lange dauert oder als zu schwierig empfunden wird. Spiele, die kleine Belohnungen oder Fortschritte bieten, wie z. B. Levels oder Punkte, helfen dabei, die Motivation dauerhaft aufrechtzuerhalten. Es entsteht ein Belohnungssystem, das den Kindern ein Gefühl der Kontrolle und des Erfolgs vermittelt.
Die Rolle von Eltern und Lehrern
Eltern und Lehrer spielen eine zentrale Rolle bei der Förderung von Kindern mit ADHS und Hochbegabung. Sie sollten darauf achten, welche Spiele besonders geeignet sind und welche zusätzlichen Herausforderungen ein Kind braucht, um sein volles Potenzial zu entfalten. Regelmässige gemeinsame Spielzeiten helfen dabei, die Aufmerksamkeit der Kinder zu stärken und gleichzeitig soziale Fähigkeiten zu fördern.
Verhaltenstherapie und spielerische Interventionen
In Verbindung mit therapeutischen Massnahmen lassen sich Spiele gezielt einsetzen, um allenfalls unerwünschtes Verhalten (wie regelmässige Wutausbrüche) zu ändern. Verhaltenstherapie, die auf Impulskontrolle und Konzentration abzielt, kann durch spielerische Ansätze perfekt unterstützt werden. Diese Methode schafft eine lockere Lernatmosphäre und lässt Kinder lernen, bzw. in einen ruhigen Fokus (Flow) finden, ohne dass sie sich unter Druck fühlen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschung
Die positive Wirkung von Spielen auf Kinder mit ADHS ist gut dokumentiert. Studien zeigen, dass Spiele die Neuroplastizität des Gehirns fördern und sich damit positiv auf die kognitive Entwicklung auswirken. Besonders bei Kindern mit ADHS und Hochbegabung können gezielt eingesetzte Spiele helfen, die vorhandenen Talente zu entfalten und gleichzeitig die negativen Auswirkungen von ADHS zu reduzieren.
Praktische Spiel-Empfehlungen
Abschliessend einige konkrete Spiele, die sich besonders zur Förderung eignen:
Brettspiele: Spiele wie „Rush Hour“ oder „Ubongo“ fördern das strategische Denken und trainieren gleichzeitig die Aufmerksamkeit. Sie bieten ein breites Spektrum an Schwierigkeitsgraden - und lassen sich leicht an individuelle Bedürfnisse anpassen.
Digitale Lernspiele: Apps wie „Lumosity“ oder „Elevate“ bieten kognitive Herausforderungen und sind besonders für Kinder geeignet, die gerne digital lernen. Sie fördern Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösung sowie das Denken in der dritten Dimension.
Bewegungsspiele: Auch körperliche Aktivitäten, die spielerische Elemente beinhalten, sind wichtig. Geschicklichkeitsspiele oder Sportarten wie Klettern fördern die Koordination - und schulen gleichzeitig die Konzentration. Sport ganz allgemein steigert die Dopamin-Levels im Gehirn - wirkt also gleich wie ADHS-Medikamente.
FAZIT: Spiele sind eine wertvolle Ressource, um Kinder mit ADHS und Hochbegabung zu unterstützen. Sie fördern sowohl kognitive als auch soziale Fähigkeiten und bieten zudem eine spannende/kindergerechte Möglichkeit, das enorme Potenzial dieser Kinder zu entfalten.
> Spiele fürs Fördern von Hochbegabung
Fragen und Antworten zu ADHS & Hochbegabung (Q&A)
Q: Was ist ADHS und wie äussert es sich?
A: ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist eine neurobiologische Divergenz/Abweichung von der Norm, die sich durch Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität äussert. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Aufgaben zu Ende zu bringen oder stillzusitzen. Sie erleben und äussern auch sehr starke Emotionen.
Q: Was versteht man unter Hochbegabung?
A: Hochbegabung bezeichnet eine überdurchschnittliche Intelligenz oder besondere Talente in einem oder mehreren Bereichen, die deutlich über dem Durchschnitt liegen. Dies wird meist anhand eines IQ-Werts über 130 definiert. IQ-Tests sind indes umstritten, weil sie vor allem auf wirtschaftlich an breiter Front gewünschte Fähigkeiten abzielen - und kreative Begabungen wie guten Körperausdruck oder malerisches/musikalisches Talent kaum erfassen.
Q: Gibt es einen Zusammenhang zwischen ADHS und Hochbegabung?
A: Ja, es gibt Hinweise darauf, dass Hochbegabung bei Menschen mit ADHS häufiger vorkommt, aber die Forschung dazu ist noch nicht vollständig. Die Kombination aus ADHS und Hochbegabung, auch als "twice exceptional" oder "2e" bekannt, kann zu einer sogenannten "Maskierung" führen, bei der entweder ADHS oder die Hochbegabung übersehen wird. Schätzungen zufolge könnten etwa 10-20% der hochbegabten Kinder auch ADHS haben, was über dem Anteil von ADHS in der Allgemeinbevölkerung liegt (5%). Hochbegabte mit ADHS zeigen oft eine hohe Kreativität und Problemlösungskompetenz, kämpfen jedoch mit der Umsetzung von Projekten und der Organisation/Strukturierung ihres Alltags.
Q: Welche Herausforderungen entstehen durch diese Kombination?
A: Betroffene erleben oft innere Unruhe, Reizüberflutung und Schwierigkeiten, ihre Talente zu kanalisieren. Die Diskrepanz zwischen ihrem Potenzial und ihren alltäglichen Leistungen führt häufig zu Frustration und einem geringeren Selbstwertgefühl. Das Problem liegt insbesondere darin, dass Routine und "langweilige Aufgaben" sich bei ADHS nicht nur so anfühlen, sondern geradezu quälend. Das ADHS Gehirn, bzw. seine Neuronenverbünde, feuern nur bei hoher Relevanz (für den "Eigentümer") - oder auch bei Dringlichkeit bzw. Gefahr. Andere Aufgaben werden aufgeschoben (Prokrastination) oder sogar vergessen.
Q: Wie kann man gleichzeitig Hochbegabung fördern und die Symptome von ADHS verringern?
A: Struktur, individuelle Förderung der Begabungen/Interessen und viel Flexibilität im Alltag sind entscheidend. Kreative Aufgaben, die ausreichend Abwechslung bieten - sowie ein Umfeld, das Verständnis für beide Aspekte zeigt - können helfen, das im Kind vorhandene Potenzial trotz ADHS voll zu entfalten. Wo Licht ist, ist immer auch Schatten. Doch das Licht von Kindern mit ADHS kann in der richtigen Umgebung ganz besonders hell scheinen.