Lebenskunst: Was wir gemäss Glücksforschung beachten sollten

Lebenskunst: Was wir gemäss Glücksforschung beachten sollten

Weit vor Christi Geburt haben sich griechische Philosophen schon mit der Frage nach dem zufriedenen bzw. glücklichen Leben beschäftigt. Die sogenannte «Glücksforschung» tut es heute. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus.

Nein, sie ist keine neue Erfindung, die Glückforschung. «Ars vivendi» («die Kunst zu leben») nannten die Griechen das Thema in der Antike. Ganze 22 Generationen vor Christi Geburt beschäftigte sich Pythagoras von Samos mit der Frage der richtigen Lebensführung. Ja, genau: Der Mann, der uns heute noch mit Geometrie auf die Nerven geht…

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Was die Harvard Universität zum Thema meint…

Seit 1937 führt die renommierte Harvard Universität eine der umfangreichsten Langzeitstudien im Bereich der Glücksforschung durch. Die Teilnehmenden der Studie wurden effektiv ihr gesamtes Leben hinweg in regelmässigen Abständen getestet und befragt. Naturgemäss schlug auch das Schicksal im Guten wie im Schlechten zu. Präsident John F. Kennedy, auch einer der Probanden, wurde bekanntlich erschossen. Andere Teilnehmer kamen zu viel Geld oder Ruhm, verloren ihr Hab und Gut – oder erlitten Unfälle. Man fand die Liebe, trennte sich, verliebte sich aufs Neue. Das volle Leben eben. Keine Laborkittel-Sache.

Wichtige Erkenntnisse der Studie beinhalten die Bedeutung einer stabilen Beziehung bis zum 50. Lebensjahr, sportliche Betätigung, eine ausgewogene Ernährung und das Vermeiden von übermässigem Alkoholkonsum und Rauchen.

Besonders hervorgehoben wurden die persönlichen Beziehungen in Form von stabilen Partnerschaften, Freundschaften und sozialem Engagement – als Schlüsselfaktoren schlechthin für ein erfülltes und langes Leben. Gesundheit war zwar eine wesentliche Bedingung für Glück, gute Beziehungen aber eben noch wichtiger als diese.

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Glücksformel? Ja, auch die gibt es…

Eine Studie aus Deutschland von der Universität Magdeburg hat eine sogenannte Glücksformel entwickelt:

  • Ein Drittel des Glücks hängt von der Existenzsicherung ab
  • Ein weiteres Drittel vom Lieben in Partnerschaft, Familie und Freundschaft
  • Ein Drittel vom Sein. Damit ist sinnhaftes Sein gemeint

In der aus der deutschen Glücksforschung stammenden Formel ist eine gesunde Verbindung von «Haben + Lieben + Sein» also die optimale Kombination – als Voraussetzung für ein glückliches Leben.

«Nein, schon wieder Montag» oder «wann fangen endlich die Ferien an?» ist ganz klar nicht Teil dieser Formel. Denn es deutet darauf hin, dass man keinen Sinn in seiner Arbeit sieht. Und diese macht – bei den meisten Menschen – ja den grössten Teil ihres Lebens aus.

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Aber wer genau fragt denn nach dem Glück?

Nun wird es komplizierter, denn abhängig davon, wie man ans Thema Glück herangeht, kommen unterschiedliche Dinge heraus:

Empirische Glücksforschung: «Kreuzen Sie bitte an»

In der zeitgenössischen empirischen Glücksforschung wird versucht, Glück als messbares Phänomen darzustellen und die damit verbundenen Eigenschaften zu identifizieren. Die Herausforderung liegt darin, dass Glück eine subjektive Empfindung ist. Um wissenschaftlich fundierte Einsichten zu gewinnen, werden häufig Umfragen und Interviews eingesetzt, da Glück – abgesehen von neurologischen Studien – schwierig direkt zu messen ist.

Philosophische Glücksforschung: Grosse Denker am Werk

Die philosophische Betrachtung des Glücks wurzelt in den Lehren des Aristoteles, der Glück als etwas Eigenständiges definierte. Aristoteles vertrat die Ansicht, dass jeder Mensch eine individuelle Bestimmung («Ergon») hat, deren Erfüllung zu einem glücklichen Leben führt. Er legte den Fokus also mehr auf das Handeln des Menschen als auf seine subjektive Wahrnehmung.

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Physiologische Glücksforschung: Direkt am Menschen gemessen

In der physiologischen Glücksforschung konzentriert man sich auf das Studium der Gehirnaktivitäten und untersucht, welche Gehirnbereiche bei fröhlicher Stimmung aktiv sind. Diese Forschung deckt auch genetische Aspekte ab, wobei herausgefunden wurde, dass Gene zu etwa 50% zum persönlichen Glück beitragen.

Sozialwissenschaftliche Glücksforschung: Der Mensch als Gruppentier

Die sozialwissenschaftliche Forschung untersucht Glück im Kontext gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Rahmenbedingungen. Demografische Daten wie Bevölkerungszahl und Lebenserwartung sowie das politische System eines Landes beeinflussen demnach das Glücksempfinden.

Gemäss dem World Happiness Report sind die Finnen 2023 (einmal mehr) das glücklichste Volk der Welt. Dänemark folgt auf Platz zwei, dahinter Island. Die wichtigsten Kriterien bei der Studie sind jeweils das Einkommen (Pro-Kopf-BIP), die soziale Unterstützung, Gesundheit, Entscheidungsfreiheit im Leben und eine niedrige Korruptionsrate im Land.

Experimentelle Glücksforschung: Gleichgewicht aus Tun und Können

Die experimentelle Glücksforschung, eine neuere Disziplin, fokussiert auf die «optimale Beanspruchung». Das selbst empfundene Glück wird demnach gefördert, wenn Menschen Herausforderungen haben, die ihre Stärken betonen und ihr Potenzial nutzen, ohne sie zu überfordern. Eine Balance zwischen Herausforderung und Machbarkeit ist essenziell.

Party Dave

Der eigene Beitrag: Warum unsere Sicht auf Glück zentral ist

Forschungen über die Faktoren, die Menschen glücklich machen, sind spannend, um beeinflussbare Indikatoren zu identifizieren. Doch alles, was uns widerfährt, wird auch durch unsere individuelle Wahrnehmung gefiltert.

Wie jemand das eigene Leben sieht, die Fähigkeit, das Gute zu erkennen, die eigene Resilienz und die Kompetenz zur Anpassung oder Neuorientierung sind die Brillengläser, durch die das Leben betrachtet wird. Und ob diese Gläser rosa, grau oder grün sind, hat bekanntlich einen riesigen Einfluss.

Daraus ergeben sich zwei wesentliche Aspekte von Glück:

Erstens: Glück ist und bleibt immer subjektiv. Die eine Person macht happy, was eine andere vielleicht nicht mal zufriedenstellt – oder vor Langeweile vergehen lässt.

Zweitens: Unser Glück ist eine Frage der Wahrnehmung. Steht frühmorgens eher das Gute im Leben im Fokus – und die Dankbarkeit – oder spielen Sorgen, Probleme und Unsicherheiten die grösste Rolle?

Sind wir unseres Glückes Schmied, wie der Volksmund sagt? Zu einem gewissen Teil ja. Handkehrum, das zeigt die Harvard-Studie, wechselt das zu schmiedende Eisen immer mal wieder, die Decke fängt Feuer oder der Hammer geht kaputt. Schicksal eben. Wichtig ist es dann, einen versöhnlichen Blick auf die neue Situation zu finden – und irgendwann wieder weiterzumachen.

"Sisu" würden die Finnen sagen. Eine genaue Übersetzung dafür gibt es nicht, weil es vieles zugleich bedeutet. "Beharrlichkeit" und "Unnachgiebigkeit" kommen der Sache aber am nächsten. Eine Eigenschaft, die Menschen mit ADHS notabene jeden Tag trainieren (müssen). "Hygge" sagen die Dänen - und meinen eine gemütliche, herzliche Atmosphäre, in der man das Gute des Lebens zusammen mit lieben Leuten geniesst. In Island schliesslich lautet ein Sprichwort "Es kommt alles mit dem kalten Wasser". Gemeint ist: Es kommt gut. Aber Du musst Geduld haben.

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