ADHS und Partnerschaft: Wir basteln uns den idealen Mann
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Nörgeln, kritteln, normalisieren: Eigentlich doch alles viel zu anstrengend - auch für die Frau von heute. Wir haben Ihnen drum eine Bastelanleitung für den fast perfekten ADHS-Mann von Welt.
So viel schon kritisiert - und der ADHS-Mann ist immer noch nicht "normal". Das kostet viel Energie - übrigens auch Ihren Mann oder Freund mit ADHS. Da Sie eine Spezialversion Mensch (konkret 1 von 20) kennengelernt haben, sollten Sie die Hoffnung auf "normal" vielleicht auch besser aufgeben. Denn neurotypisch werden ADHSler nie, sie kompensieren nur öfter so gut es geht ihre Eigenarten, um nicht negativ aufzufallen. Das Ergebnis: Energielosigkeit und aufgestaute Aggressionen. Basteln wir uns also besser den idealen ADHS Mann von Grund auf.
Die zentralen Setbausteine
1. Emotions-Management und Konfliktvermeidung
Männer mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren. Wutanfälle oder plötzlicher Rückzug sind keine Seltenheit und können von Partnern leicht als Ablehnung oder mangelnde Zuneigung missverstanden werden. Dabei sind diese Reaktionen meist keine Absicht, sondern eine direkte Folge der ADHS. Anstatt auf solche emotionalen Ausbrüche mit Vorwürfen zu reagieren, ist es hilfreicher, gemeinsam Strategien zu entwickeln, um besser mit diesen Situationen umzugehen. Pausen während eines hitzigen Gesprächs und die Fortsetzung in ruhigerer Atmosphäre können hier einen grossen Unterschied machen.
2. Vergesslichkeit und Unzuverlässigkeit
Vergesslichkeit ist ein häufiges Symptom von ADHS, das sich in verpassten Terminen, unerledigten Aufgaben oder Verspätungen zeigt. Diese Verhaltensweisen werden oft als mangelndes Interesse oder "null Respekt" interpretiert, sind aber meist eine Folge der ADHS-bedingten Aufmerksamkeitsprobleme. Anstatt den Partner dafür zu kritisieren, sollten Paare gemeinsam Strukturen schaffen, die das Gedächtnis unterstützen – etwa durch gemeinsame Kalender, Erinnerungen auf dem Handy oder feste Routinen. Solche Massnahmen tragen dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden und das Vertrauen in der Beziehung zu stärken.
3. Unaufmerksamkeit und "Nicht-Zuhören"
Männer mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, sich auf Gespräche zu konzentrieren. Diese Unaufmerksamkeit kann als Desinteresse interpretiert werden, was den Partner verletzt und Konflikte verursacht. Dabei liegt in den meisten Fällen keine böse Absicht vor, sondern die Unfähigkeit, sich aufgrund der ADHS auf das Gespräch zu fokussieren. Eine mögliche Lösung ist es, klare Signale zu setzen, bevor wichtige Themen angesprochen werden, und sicherzustellen, dass der Partner aufmerksam ist. Geduld und das Wiederholen wichtiger Informationen können ebenfalls helfen, Missverständnisse zu vermeiden.
4. Impulsivität und "Dreinschiessen"
Impulsivität führt häufig zu unüberlegten Äusserungen oder Handlungen, die den Partner verletzen können. Diese Verhaltensweisen geschehen oft spontan und sind nicht böse gemeint, können jedoch Spannungen in der Beziehung erzeugen. Es ist wichtig, solche Situationen nachträglich zu besprechen und gemeinsam Strategien zur Impulskontrolle zu entwickeln. Dazu kann gehören, dass man sich angewöhnt, vor einer Reaktion eine kurze Pause einzulegen, um impulsives Verhalten zu vermeiden.
Beim Basteln vermeiden, um Ware nicht zu beschädigen
Eine erfolgreiche Beziehung mit einem ADHS-Partner erfordert Bewusstsein und Achtsamkeit in der Kommunikation. Es gibt spezifische Verhaltensweisen, die unbedingt vermieden werden sollten, um die Beziehung nicht unnötig zu belasten.
Der "Blame and Shame“-Fehler
Ein häufiger Fehler in Beziehungen mit einem ADHS-Partner ist das Beschuldigen und Beschämen. Wenn der ADHS-Partner ständig für seine Schwierigkeiten verantwortlich gemacht wird, verstärkt dies das Gefühl von Scham und Ablehnung, was die Beziehung stark belasten kann. Statt Vorwürfe zu machen, ist es wichtig, die zugrunde liegenden Ursachen von Verhaltensweisen zu verstehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. So kann eine unterstützende und respektvolle Atmosphäre geschaffen werden. Kinder mit ADHS werden bis zu 10 mal so häufig kritisiert wie ihre neurotypischen Freunde. Kein Wunder, sind ADHS-Erwachsene in dieser Hinsicht empfindlicher.
Übermässige Kontrolle und die Eltern-Kind-Dynamik
Eine häufige Dynamik in Beziehungen mit einem ADHS-Partner ist die Übernahme der „Betreuer“-Rolle durch den Nicht-ADHS-Partner. Diese Dynamik führt oft dazu, dass sich der ADHS-Partner bevormundet und unzulänglich fühlt, was sein Selbstwertgefühl untergräbt und Spannungen erzeugt. Wichtig ist, dass beide Partner Verantwortung fair teilen und die Autonomie des anderen respektieren, um eine gesunde Beziehung auf Augenhöhe zu führen. Sie haben das Gefühl, einen Bub an Ihrer Seite zu haben? Fragen Sie sich zuerst, inwiefern Sie sich wie eine Mama verhalten, statt im Vertrauen mit ihrem Mann Aufgaben aufzuteilen - oder auch mal konkret zu delegieren und abzuwarten.
Formen der toxischen Kommunikation
Bestimmte Kommunikationsformen sollten in Beziehungen mit einem ADHS-Partner unbedingt vermieden werden:
Sarkasmus und Spott: Sarkastische Bemerkungen oder das Lächerlichmachen von Fehlern sind besonders schädlich. Dieses Verhalten vermittelt den Eindruck, dass die Herausforderungen des ADHS-Partners nicht ernst genommen werden. Stattdessen sollten Paare konstruktiv und ermutigend miteinander sprechen.
Ständige Kritik: Dauernde Kritik an den Herausforderungen des ADHS-Partners, etwa bei Vergesslichkeit oder Unordnung, führt oft zu Rückzug und defensivem Verhalten. Stattdessen ist es besser, positive Verstärkung zu nutzen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, anstatt den Fokus auf die Fehler zu legen.
Vergleiche mit "normalem" Verhalten: Der Vergleich des ADHS-Partners mit anderen, die diese Herausforderungen nicht haben, kann extrem schädlich sein. Solche Vergleiche verstärken das Gefühl, nicht gut genug zu sein, und können die emotionale Bindung erheblich belasten. Stattdessen sollten Partner sich auf die individuellen Stärken konzentrieren - und diese wie ein Spezialisten-Team einsetzen.
Ignorieren von ADHS-spezifischen Bedürfnissen
Ein weiterer häufiger Fehler ist es, die speziellen Bedürfnisse eines ADHS-Partners zu ignorieren, wie das Bedürfnis nach Struktur oder Unterstützung bei der Organisation. Wenn diese Bedürfnisse nicht ernst genommen werden, kann das zu Frustration und Missverständnissen führen. Sie organisieren zu viel, er kaum? Gut, umso mehr kann er ausführen, während Sie Pause machen.
Unangemessene Erwartungen
Unrealistische Erwartungen können erheblichen Druck erzeugen und Konflikte verursachen. Ein Beispiel: Ein Partner mit ADHS wird gebeten, sich um die Organisation einer Veranstaltung zu kümmern, und vergisst wichtige Schritte. Statt Vorwürfe zu machen, sollten beide Partner realistische Ziele setzen und Strukturen schaffen, die dem ADHS-Partner helfen, erfolgreich zu sein. Gemeinsame To-do-Listen und regelmässige Erinnerungen können hier unterstützen.
So basteln Profis: Positive Ansätze zur Vermeidung von Fehlern
Empathie, Geduld und Toleranz
Empathie und Geduld sind entscheidend, um die Herausforderungen, die ADHS in eine Beziehung einbringen kann, zu meistern. Toleranz spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Sie bedeutet, zu akzeptieren, dass der ADHS-Partner oft andere Wege einschlägt, um seine Ziele zu erreichen. Diese Wege mögen unkonventionell sein, führen aber meist zum gewünschten Ergebnis. Indem Sie unterschiedliche Ansätze akzeptieren und unterstützen, stärken Sie die Beziehung und fördern das gegenseitige Verständnis.
Nutzung spezifischer Stärken
Anstatt sich auf die Schwächen des ADHS-Partners zu konzentrieren, sollten Paare die besonderen Stärken nutzen, die ADHS oft mit sich bringt: Etwa Ideenreichtum, Kreativität und Hyperfokus bei grossem Interesse. Diese Fähigkeiten können die Beziehung bereichern und helfen, Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Ihnen ist "Sicherheit" wichtig? Ein Beschützer? Nun, wenig neurotypische Männer möchten sich ernsthaft mit ADHS-Männern anlegen, wenn diese erst einmal "auf Steinzeitgehirn umschalten" (wozu alle ADHSler einen sehr direkten Draht haben, infolge weniger Inhibition durch das Stirnhirn). Direktzugriff auf Adrenalinschübe inklusive.
Offene und konstruktive Kommunikation
Offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel zu einer gesunden Beziehung. Regelmässige Check-ins und Raum für respektvolle Gespräche sorgen dafür, dass beide Partner sich verstanden und unterstützt fühlen. Durch eine klare und wertschätzende Kommunikation können Missverständnisse vermieden - und die Beziehung gestärkt werden.
Fazit: Tolerant sein, ADHS-Stärken nutzen
Männer mit ADHS stehen in Beziehungen vor einzigartigen Herausforderungen, weil sie mit neurologisch bedingter Unaufmerksamkeit, Getriebenheit/Nervosität und hoher Impulsivität kämpfen. Dazu kommt ein oft mangelhaftes Kurzzeitgedächtnis (bei Medikation besser). Die ADHS-Fallstricke zu verstehen und typische Fehler zu vermeiden, ist der Schlüssel zu einer gesunden und erfüllenden Partnerschaft. Empathie, Geduld, Toleranz und die Nutzung spezifischer Stärken sind die Werkzeuge, um gemeinsam eine stabile und liebevolle Beziehung aufzubauen.
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PS: Mühe mit dem Ironman-Modell? Ja, das ist ein Hardcore-Bastelset. Wir empfehlen, mit dem Papiermann anzufangen. Im Zweifelsfall fragen Sie sonst einfach Ihren Mann.