Zwischen Impuls und Fokus: 5 Spiele, die ADHS-Kindern gut tun
Share
Hausaufgaben-Hürde, Ablenkungs-Dschungel, Impuls-Alarm? Diese fünf Spiele helfen Kindern mit ADHS, spielerisch den Kopf auszulüften und Motivation zu tanken.
Kinder mit ADHS bewegen sich oft in einem unruhigen Meer: Ihre Konzentration ist wie ein Boot, das ständig im Wind schwankt. Doch mit gezielten Spielen lassen sich Steuer, Segel und Anker erneuern. Spiele – analog wie digital – sind nicht nur Ablenkung, sondern können gezielt die exekutiven Funktionen fördern: Arbeitsgedächtnis, Impulskontrolle, gerichtete Aufmerksamkeit.
In diesem Blog stellen wir fünf Spiel-Typen vor, die sich als besonders wirksam für Kinder mit ADHS erweisen. Zu jedem wird erklärt, was er leistet, wie das Ganze umzusetzen ist und warum das Spiel wirkt.

1. Strukturierte Mission: „Auftrag & Erfolg“
Bei ADHS überfordert oft nicht die (Haus-)Aufgabe, sondern ihre Unschärfe bzw. fehlender Sinn. Spiele mit klaren Missionen, Zeitrahmen und Rückmeldung schaffen die nötige Struktur und motivieren die kindlichen Abenteurer.
Umsetzung: Gib dem Kind ein Brett- oder Kartenspiel mit Aufgaben wie: „Sammle die zueinander passenden Symbole, so dass wir eine Geschichte erzählen können“. Farben zu Formen matchen, Teams von Helden zusammenstellen oder aus Rohren eine Leitung legen: All das sind spielerische Aufträge mit Sinn. Auch Hausaufgaben lassen sich so spannend und erlebbar machen.
Wie es wirkt: Das Kind als Sammler, Fährtensucher oder Jäger bzw. Konstrukteur.
Warum es funktioniert: Klare Grenzen und Missionen reduzieren Reizchaos. Erfolgserlebnisse setzen Dopamin frei – der Botenstoff für das Antriebssystem im Gehirn, das bei ADHS oft unterversorgt ist.

2. Bewegungs- und Koordinationsspiele: „Aktiv statt sitzen“
Kinder mit ADHS haben häufig ausgeprägten Bewegungs- oder Sensorik-Bedarf. Eine randomisierte Studie zeigte: Ein 8-Wochen-Exergaming-Programm (bewegungsintensive Spiele) führte bei Kindern mit ADHS zu Verbesserungen in Impulshemmung und bei wechselnden Aufgaben.
Umsetzung: Spiele wie „Spring nur auf roten Felder“, „Ballfangen mit Regel-Signal“, oder „Twister mit Stoppsignal“. Wichtig: kurze Sequenzen, klare Regelwechsel.
Wie es wirkt: Der Körper wird zum Segel, das den Kopf stabilisiert.
Warum es funktioniert: Bewegung hilft, überschüssige Energie abzubauen. Gleichzeitig trainiert die Regel-Komponente die Impulskontrolle und Wechselfähigkeit.

3. Reiz-reduzierte Spiele: „Reize filtern lernen“
Ein zentrales Problem bei ADHS: Überreizung, Ablenkung, viele simultane Impulse. Spiele, die Reize bewusst einschränken (weniger Farben, Geräusche, klare Aufgaben), bieten Entlastung und Trainingsraum.
Die Forschung zeigt: Serious Games (digitale Therapiespiele) unterstützen Aufmerksamkeit, aber weniger das Verhalten direkt.
Umsetzung: Ein einfaches Memory-Spiel, ein Jenga-Turm oder Tetris- bzw. Block-Legespiele.
Wie es wirkt: Ein Fenster mit Filter – statt Regel-Chaos sieht das Kind klaren Himmel.
Warum es funktioniert: Weniger Ablenkung bedeutet bessere Chancen für gerichteten Fokus. Die selektive Aufmerksamkeit braucht kein grosses Brimborium. Weniger ist mehr.
4. Kooperative Kommunikationsspiele: „Gemeinsam stark“
ADHS wirkt selten isoliert: Ungeduld und hohe Impulsivität spielen mit. Spiele, bei denen (alle) Kinder zusammenarbeiten, sich abwechseln und Regeln kommunizieren müssen, trainieren soziale und exekutive Kompetenzen.
Umsetzung: Ein Brettspiel, bei dem ein Kind Hinweis gibt, das andere führt die Schritte aus, dann Rollenwechsel. Oder ein Kooperations-Spiel mit Team-Mission ("rettet den Dschungel vor dem Bagger" usw.)
Wie es wirkt: Zwei Ruderer im Boot – einer steuert, einer rudert, beide im Takt.
Warum es funktioniert: Die soziale Komponente zwingt zu Impulskontrolle („ich warte auf dich“), zur Regel-Kommunikation und zur Kooperation – wichtige Übungsfelder bei allen Kindern.

5. Digitale Serious Games: „Gamen mit Sinn“
Studie mit ADHS-Kindern und Jugendlichen zeigen signifikante Verbesserungen des Arbeitsgedächtnisses durch game-basierte Interventionen. Zu den Serious Games gehören Rätselspiele, Erfinderspiele wie Peterson und Findus - oder auch Simulationen mit physikalisch korrekten Abläufen (Mechanikspiel z.B.).
Umsetzung: Ein Tablet-Spiel mit adaptivem Schwierigkeitsgrad, kurze Trainingseinheiten (20-30 Min), Feedback nach jeder Runde. Eltern moderieren Zeit und fördern die Reflektion: „Was lief gut, was nicht“.
Wie es wirkt: Ein Fitnessstudio für das Gehirn – gezielt trainieren, "mit Gerät", aber doch spielerisch.
Warum es funktioniert: Pädagogisch wertvolle digitale Spiele liefern unmittelbares Feedback, erhöhen die Motivation durch Belohnungssysteme (Punkte, Levels) und ermöglichen Fokus-Übungen im sicheren Rahmen.

Glänzen in diversen Schlüsselbereichen
Spielen ist nicht nur Freizeit. Gezielt eingesetzt, wird es ein Werkzeug zur Unterstützung und Förderung von Kindern mit ADHS.
Die fünf vorgestellten Spiel-Typen greifen folgende Schlüsselbereiche auf: Aufmerksamkeit, Impuls-Steuerung, Arbeitsgedächtnis, soziale Kooperation und Bewegungs-Integration.
Zwar ersetzen sie keine Therapie oder diagnostische Massnahmen bei hohem Leidensdruck, doch sie ergänzen diese sinnvoll.
Wenn Sie mit Ihrem Kind anfangen:
- Halten Sie Spielsitzungen erst einmal kurz und klar strukturiert. Das Kind wird schon selbst verlängern, wenn es bei dem Spiel "anbeisst"
- Rückmeldung sofort gebenund präsent bleiben
- Freude wahren – Druck vermeiden. Es geht vor allem ums Entdecken und Ausprobieren.
- Integration in den Alltag (z. B. 10 Minuten vor den Hausaufgaben. Oder gleich das Spiel mit den Aufgaben verbinden.
- Lernspiele mit Buchstaben und Zahlen zum Bauen, Stecken, Kneten usw. eignen sich dafür besonders gut. Sogar Operationen wie Bruchrechnen oder Volumenrechnen sind spielerisch erlernbar.