Ihr ADHS-Kind besser verstehen: 12 wichtige DOs und DON'Ts für Sie - ADHS Store

Ihr ADHS-Kind besser verstehen: 12 wichtige DOs und DON'Ts für Sie

Chaos, Streit und Frustration? Muss nicht sein! Mit diesen Tipps & Strategien können Sie Ihr ADHS-Kind fördern, Grenzen setzen und eine gute Beziehung aufbauen.

Wichtig: Es muss nicht alles aufs Mal sein – und auch nicht sofort funktionieren. Zudem ist das keine starre Liste. Vielleicht streichen Sie einige Punkte – oder fügen neue hinzu. Die Hauptsache ist, dass Sie sich nicht entmutigen lassen und es immer wieder aufs Neue versuchen.

1. Verständnis & Akzeptanz

✅ DO: Akzeptiere die ADHS-bedingten Besonderheiten deines Kindes – es denkt, fühlt und handelt anders, aber nicht „falsch“. Schon gar nicht absichtlich oder bösartig. Schaffen Sie ein Umfeld, in dem es sich sicher und angenommen fühlt.
DON'T: Vergleichen Sie Ihr Kind nicht mit neurotypischen anderen Kindern oder seinen Geschwistern („Warum kannst du nicht einfach wie…?“). Das führt nur zu Frustration und einem mangelndem Selbstwertgefühl.

Frank Miller Bild

2. Klare Regeln & Struktur

DO: Stellen Sie vorhersehbare Tagesabläufe, Rituale und Regeln auf – am besten visuell unterstützt (z. B. mit Checklisten, Symbolkarten). ADHS-Kinder profitieren von äusserer Ordnung und visueller Fassbarkeit, um Ihre innere Unruhe zu reduzieren.
DON'T: Ständige Regeländerungen oder/und inkonsequente Durchsetzung – das zieht garantiert Unsicherheit, Frust und Rebellion nach sich. Gerade ADHS-Kinder sind Meister im "Beugen" von Regeln und Ausnahmen (er-)finden.

3. Kommunikation & Anweisungen

DO: Klare, kurze und einfache Anweisungen geben („Zähne putzen. Danach Schlafanzug anziehen. Im Bett gibt es zwei Lieder“). Wo immer möglich: Blickkontakt herstellen. Gerade Träumer-Kinder (ADHS-I) sind oft ganz anderwo mit ihren Gedanken. Die kleinen Wilden (ADHS-H) sind derweil vielleicht ganz anderswo im Raum.
DON'T: Mehrstufige oder indirekte Anweisungen („Wäre es nicht toll, wenn du jetzt ins Bad gehen würdest und dich fürs Bett fertig machst? Das macht mir Freude“). ADHS-Kinder reagieren auf dringende und als wichtig empfundene Botschaften/Handlungs-Trigger. Sonst läuft rein gar nichts.

Wutkind

4. Emotionale Begleitung & Lob

DO: Lob sollte sofort, konkret und authentisch erfolgen („Ich finde es super, dass du dein Zimmer aufgeräumt hast. Siehst Du auch, dass Du so nichts mehr suchen musst und dich weniger aufregst?“). Positives Verhalten verstärken.
DON'T: Nur negatives Verhalten kommentieren oder Lob an Bedingungen knüpfen („Gut gemacht, aber nächstes Mal bitte schneller!“, "Du machst mir jeden Tag so viel Mühe, nie bringt man dich normal ins Bett").

5. Impuls- & Emotionskontrolle

DO: Unterstützen Sie Ihr Kind mit Strategien zur Emotionsregulation (tiefes Atmen, über Wut und Frust sprechen lernen, regelmässige Bewegung). Reflexion nach einem Wutausbruch hilft, besser mit Emotionen umzugehen. Schon 4-5-Jährige können das lernen – aber eben nur von Ihnen.
DON'T: Wutausbrüche bestrafen, ohne das Kind zu begleiten („Beruhige dich jetzt sofort!“, "Nun streiche ich Dir die Gutenacht-Geschichte"). ADHS-Kinder haben oft Schwierigkeiten, Emotionen selbst zu regulieren. Erwachsene aber manchmal auch. Hinterfragen Sie erst Ihren Ansatz – und erst danach Ihr Kind.

Rick und Morty

6. Bewegung & Aktivitätswechsel

DO: Sorgen Sie für ausreichend Bewegung und genügend gesunde sensorische Reize – Sport, Klettern, Fidget-Toys oder Bewegungspausen können helfen, überschüssige Energie abzubauen und den bewussten Fokus zu fördern.
DON'T: ADHS-Kinder zu langem, stillen Sitzen zwingen, während sie langweilige, repetitive Aufgaben vor sich haben. Das führt zu Frust und Konzentrationsproblemen. Lernen funktioniert bei ADHS oft viel besser durch Bewegung und spielerische Ansätze.

7. Hausaufgaben & Konzentration

DO: Kurze, für das Kind fassbare Arbeitsphasen mit regelmässigen Pausen und didaktisch sinnvollen Belohnungen einplanen. Eine ruhige, reizreduzierte Umgebung hilft. Geräuschunterdrückende (ANC-)Kopfhörer oder/und Musik bzw. Naturgeräusche können ebenfalls förderlich sein.
DON'T: „Setz dich hin und mach einfach deine Aufgaben, die anderen können das auch!“ – ohne Struktur oder Unterstützung, bzw. pädagogisch-kreative Methoden sind ADHS-Kinder schnell reizmässig unterfordert und geduldsmässig überfordert. Lösen Sie selber etwa gerne langweilige Aufgaben, ohne deren Sinn zu sehen? Eben. 

Träumerkind

8. Soziale Kompetenzen & Freundschaften

DO: Soziale Situationen begleiten und Rollenspiele nutzen, um gewaltfreie Konfliktlösungen zu üben. ADHS-Kinder profitieren von klar und verbindlich formulierten sozialen Regeln, die gemeinsam in der Gruppe erarbeitet werden. Sie möchten verstehen, warum etwas sein soll – oder eben nicht (ganzheitliches, vernetztes Denken).
DON'T: Erwarten dass Ihr Kind soziale Regeln von Erwachsenen intuitiv versteht („Du musst doch wissen, dass das unhöflich ist!“). ADHS-Kinder haben oft Schwierigkeiten mit subtilen sozialen Signalen, deren Bedeutung sich ihnen nicht erschliesst. Ganz zu schweigen von Ritualen, die wirklich kaum Sinn machen ("Wie geht's?" -- "Ja, es muss, danke").

9. Medien & Schlafhygiene

DO: Bildschirmzeiten begrenzen und feste Einschlafroutinen einführen. Körperliche Entspannung (z. B. warmes Bad, Vorlesen, Massage, Musik) hilft Ihrem Kind, "runterzukommen".
DON'T: Bildschirmzeit direkt vor dem Schlafengehen erlauben – blaulichtbedingte Schlafprobleme verschärfen ADHS-Symptome. Handy-Games etc. putschen unnötig auf. Rotes Licht beruhigt hingegen nachweislich.

10. Ernährung & Blutzucker

DO: Auf eine ausgewogene Ernährung mit gesunden Mahlzeiten achten (Proteine, komplexe Kohlenhydrate, Vitamine, Omega-Fettsäuren). ADHS-Kinder reagieren viel sensibler auf Blutzuckerschwankungen.
DON'T: Zuckerreiche Snacks und stark verarbeitete Lebensmittel als Hauptnahrung geben – diese verstärken die Hyperaktivität und/oder Konzentrationsprobleme. Zudem haben sie bei ADHS ein noch grösseres Suchtpotenzial für das kindliche Gehirn.

11. Umgang mit Misserfolgen & Frustration

DO: Lehren Sie Ihrem Kind, Misserfolge als Lernchancen zu betrachten. Mehr als das: Gestandene Multimilliardäre sagen öffentlich, dass NUR Fehler helfen können, überhaupt etwas zu erreichen (iterative Verbesserung). Fehler als Chancen zu betrachten ist kein Schönreden oder Verdrängen. Nur deshalb gibt es heute Dinge wie Elektrizität und Passagierflugzeuge.
DON'T: Überreaktionen und/oder Strafen für impulsive oder aus Langeweile begangene Fehler („Warum hast du das nicht besser gemacht?“, "Gib Dir doch einfach etwas mehr Mühe"). ADHS-Kinder kämpfen genau darum oft mit Selbstzweifeln. Handkehrum können sie hyperfokussiert und unglaublich ausdauernd/perfektionistisch sein, wenn sie für eine Sache/ein Projekt brennen.

12. Selbstfürsorge für Eltern, also für SIE

DO: Achten Sie auf Ihre eigene Energie und mentale Gesundheit. Und zwar ZUERST, nicht nach der Fürsorge für Ihr Kind. Wem montieren Sie als Erstes die Sauerstoffmaske in einem Flugzeug, bei Druckabfall? Dem Kind? Falsch. Ggf. sind dann alle tot. Weil Sie ohne O2 nämlich VOR Ihrem Kind ohnmächtig werden. Austausch mit anderen betroffenen Eltern, Fachberatung oder Pausen sind ebenfalls hilfreich.
DON'T: Sich selbst aufopfern & denken, dass Sie alles alleine lösen und eine "gute Figur abgeben" müssen – das führt bloss zu Frustration oder/und Burnout. Ihr Kind braucht Sie stets als stabile Bezugsperson, niemals als perfekte. DAS werden Sie sowieso nie sein. Und wir wollen den Kindern als Ihre Vorbilder ja schwere – aber nicht grad unmögliche – Dinge zumuten.

Fazit:

Kinder mit ADHS brauchen eine sehr klare, aber auch sehr liebevolle Führung. Die Kombination aus Verständnis, Struktur, Geduld und emotionaler Unterstützung schafft eine Umgebung, in der sie sich sicher und geborgen fühlen. ADHS ist keine Krankheit, die „wegtherapiert“ werden muss, sondern eine andere Art der Wahrnehmung, die mit den richtigen Rahmenbedingungen etliche Stärken mit sich bringen kann.

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